Land in Sicht – aktuelle Trends und Untersuchungen zu „Frauen und Geld“
Zunächst sollte die Überschrift des Beitrags lauten: “Und ewig grüßt das Murmeltier“. Denn immer, wenn es Herbst wird, flattern neue Umfragen zum Thema „Frauen und Geld“ auf den Tisch, die sich bei Erkenntnissen und Empfehlungen zu früheren und untereinander nicht wirklich unterscheiden: Frauen haben weniger Geld (fürs Alter) als Männer, und dann sparen sie auch noch auf die falsche Weise. Deshalb brauchen sie Finanzwissen, damit sie endlich Aktien(fonds) kaufen und damit Altersarmut wirkungsvoll bekämpfen.
In fast 35 Jahren Finanzberatung vor allem für Frauen bleibt festzustellen, dass diese sinnvoll sparen und ihr Vermögen gestalten wollen. Auffällig sind die guten Fortschritte beim Verhalten der Frauen. Naiv sind wenige von ihnen. Fast jede, die etwas übrig hat und Vermögen besitzt, orientiert sich langfristig. Viele, gerade jüngere, informieren sich – oft zusammen mit anderen. Es gibt Blogs, Podcasts, Social-Media-Gruppen, reale Gesprächsrunden und Bücher. Dass sich dabei manchmal recht einfache Mainstreamthesen festsetzen (ETFs sind immer besser…) gehört wohl dazu. Zum Glück erhalten auch ältere Frauen, die in ihrem Leben wenig sparen konnten, durch Erbschaft, Hausverkauf oder Scheidung ein Vermögen, mit dem dann die eigene Rente aufgebessert wird. Nun gut –mag man einwenden: Die Erfahrungen der Finanzberaterinnen sind das eine, die gesellschaftliche Realität drohender Altersarmut für sehr viele Frauen das andere. Stimmt! Deshalb also zurück zu den neuen Untersuchungen, die repräsentativer sind:
Frauen haben im Alter weniger gesetzliche Rente als Männer, auch weniger Betriebsrente. Sie verfügen dann zudem seltener über Ersparnisse, mit denen Defizite spürbar ausgeglichen werden könnten. Die Gründe sind: Zeiten von Teilzeitbeschäftigung und Minijobs, die lebenslang nachwirken. Geringere Entlohnung (Gender Pay Gap), hohe Scheidungsraten und Mutlosigkeit beim Sparen. Stimmt alles.
Die Empfehlungen für ein Gegensteuern unterscheiden sich nun zumeist danach, wer die Studie in Auftrag gibt: Fondsgesellschaften wie JP Morgan Asset Management, Flossbach von Storch, Union Investment oder Fidelity empfehlen den Frauen, „mehr aus ihrem Geld zu machen“. Sie wollen gern dabei behilflich sein, dass Frauen sich Finanzwissen aneignen, damit sie einen „Motivationsschub“ bekommen, sich vom Sparbuch und renditeschwachen Anlagen zu verabschieden. Die Anlage-Alternativen zielen stets auf Misch- und Aktienfonds. Doch beinahe könnte man Folgendes übersehen: eine Studie der Universitäten Mannheim und Tilburg (Niederlande) im Auftrag des Fondshauses Fidelity International hat Bemerkenswertes auf Lager. Die verantwortliche Professorin Alexandra Niessen-Ruenzi betont: „Der springende Punkt ist, ob eine Frau Kinder hat oder nicht“. Ihre Empfehlungen richtet sie deshalb (zusätzlich) an die Politik: Neben der besonderen Förderung der Altersversorgung von Frauen geht es um bessere Kinderbetreuung und um die Abschaffung des Ehegattensplittings, mit dem die Ehe (und die reduzierte Erwerbstätigkeit von Frauen) gefördert wird. Endlich wird logisch argumentiert. Man kann das nur unterstreichen: Für Armut im Alter ist nicht falsches Sparverhalten verantwortlich, sondern die falsche Lebensplanung von Frauen. Sie lässt sich nur wirksam vermeiden, wenn die eigene anspruchsvolle Erwerbstätigkeit den Grundstein für finanzielle Eigenständigkeit legen kann. Dass dann ein angemessenes Spar- und Anlageverhalten auch nicht schaden kann, kommt hinzu, ist aber nicht der Knackpunkt.
Autorin: Heide Härtel-Herrmann